Ein Foto und seine Folgen – der Fall Mesut Özil.: Eine quantitative Inhaltsanalyse der Berichterstattung
Eine quantitative Inhaltsanalyse der Berichterstattung in ausgewählten Online-Medien.
DOI:
https://doi.org/10.11585/JSkMs.2020.1-2.15-30Schlagworte:
Sportskandale, publizistische Konflikte, instrumentelle Aktualisierung, opportune Zeugen, quantitative InhaltsanalyseAbstract
Am Sonntag, den 13. Mai 2018, trafen sich die deutschen Fußball-Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan in London mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Das Treffen wurde auf mehreren Fotos festgehalten. In den Medien löste der Fall eine Auseinandersetzung über Werte, Integration und Rassismus und einen publizistischen Konflikt über die Frage aus, wie das Handeln von Özil zu bewerten ist. In dieser Studie wird die Berichterstattung über den Fall Özil in den vier Onlinemedien Bild.de, Süddeutsche.de, Spiegel Online und Kicker Online mithilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse analysiert (N=380 Artikel). Neben den strukturellen und inhaltlichen Merkmalen der Online-Berichterstattung über den Fall Özil wird untersucht, ob die JournalistInnen mithilfe des Hoch- bzw. Herunterspielens von zu ihrer Sicht auf den Konflikt passenden Themen (instrumentelle Aktualisierung; Kepplinger, 1989) oder der Auswahl passender Zitate anderer Akteure (opportune Zeugen; Hagen, 1992) ihre Meinung auf indirekte und damit subtile Art in der Berichterstattung zum Ausdruck bringen. Die mediale Aufmerksamkeit für den Fall Özil ist hoch. Die zeitliche Dynamik der Berichterstattung ist stark an einzelne, im Verlauf der Debatte auftretende Ereignisse gebunden. Der redaktionelle Gesamttenor gegenüber Özil ist in allen vier Onlinemedien negativ. Die Bewertungen Özils unterscheiden sich dabei im Ausmaß der Negativität im Vergleich der vier analysierten Online-Medien. Diese Unterschiede können jedoch nur in kleinen Teilen durch instrumentelle Aktualisierung und den Einsatz opportuner Zeugen erklärt werden.
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