Sportkommunikationsforschung trifft auf Pandemie: Hochzeit oder Auszeit der Medialisierung des Sports?
Sportkommunikationsforschung trifft auf Pandemie: Hochzeit oder Auszeit der Medialisierung des Sports?
Jörg-Uwe Nieland
Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie erhöht die Unübersichtlichkeit und die Verunsicherung weltweit – in gesundheitlicher, sozialer und politischer Hinsicht. Auch „der Sport“ war bzw. ist massiv von der Pandemie und den Lockdowns betroffen und Nachwirkungen werden auf unbestimmte Zeit bleiben. Neben- und Nachwirkungen sind Bewegungsmangel, reduzierte soziale Kontakte, Vereinsaustritte, fehlende Einnahmen für Fitness- und (Sport-)Reiseanbieter, gekappte Zahlungen von Sponsoren und Mäzenen, abgesagte Veranstaltungen sowie der teilweise Verlust der Fernseheinnahmen. Auf dem Spiel stehen die Leistungen und (positiven) Funktionen „des Sports“, die er als Identifikationsreservoir, als Geschäftsmodell, als Gegenstand von Medienkommunikation und Anschlusskommunikation erbringt. Die Fragen nach der Finanzierung des Sports – und zwar sowohl des Spitzensports wie des Breitensports (ob organisiert in Vereinen, über kommerzielle Anbieter oder privat) –, der Autonomie des Sports und der Systemrelevanz des Sports sowie den Mitsprachemöglichkeiten der Fans werden und bleiben virulent.
Ausreichend Fragen, um im Bereich des Sports die Rolle der Wissenschaft jenseits der Aerosol-Ausbreitung und angepasster Trainingskonzepte zu betrachten. Konkret geht es um die Folgen der Covid-19-Pandemie für die Sportkommunikationsforschung. Die zu diskutierenden Annahmen des Essays lauten: Ersten ist die Ausrichtung des Sports an der Medienlogik während der Covid-19-Pandemie stärker geworden. Genauer: Die Sportorganisationen entwickelten eine Vielzahl von Medialisierungsangeboten und bemühten sich um die Aggregation ihrer Interessen gegenüber der Politik. Zweitens erlaubt es der (erweiterte) Ansatz der Medialisierung, diese Anstrengungen und Entwicklungen zu fassen und zu interpretieren.
Zur Einordnung dieser Annahmen erfolgt eine Standortbestimmung der Sportkommunikationsforschung und ihre Einordnung in die Medialisierungsdebatte. Zunächst ist die schnelle Reaktion der Sportkommunikationsforschung auf die aktuellen Veränderungen vor allem in englischsprachigen Publikationen zu konstatieren.[1] Gleichzeitig fällt auf, dass in der Mehrzahl dieser Beiträge der Theoriebezug fehlt. Hier liegt eine Chance für die (noch junge) deutschsprachige Sportkommunikationsforschung. So schließen die Arbeiten von Vowe und Dohle (2006; 2016), Meyen (2014) und Heinecke (2014; 2016) sowie Ihle, Nieland und Rehbach (2016) an die Medialisierungsforschung an.[2] Diese und andere Arbeiten identifizieren die Bemühungen des gesellschaftlichen Teilsystems Sport, Aufmerksamkeit zu generieren bzw. zu behalten.
In diesem Essay wird über die Verbindung der (deutschsprachigen) Sportkommunikationsforschung zur Medialisierungsdebatte hinaus auf politikwissenschaftliche Arbeiten zum Stellenwert der Intermediären eingegangen. Insbesondere Donges (2014) plädiert für Untersuchungen auf der Mesoebene,[3] um die Aggregation und Artikulation von Interessen gegenüber der Politik zu erfassen. In Zeiten der Covid-19-Pandemie fällt dieser Aggregation und Artikulation durch Sportorganisationen und andere Akteure des Sports entscheidende Bedeutung zu. Zusätzlich erfordert in meinen Augen die aktuelle Entwicklung einen öffentlichen und kritischen Blick auf „den Sport“ durch die (Sport-)Kommunikationsforschung (vgl. Love 2013).
Die Pandemie unter sozialwissenschaftlicher Beobachtung
In den unterschiedlichen Reaktionen und Praxen während der Pandemie zeigt sich die im doppelten Sinne aufklärende Wirkung von Krisen. Denn Krisen konfrontieren erstens Individuen wie Gesellschaften mit der Einsicht, dass es nicht mehr weitergehen kann wie bisher, und dass vielmehr bestehende Routinen infrage zu stellen und neue Routinen zu entwickeln sind. Zweitens führen Krisen Individuen und Gesellschaften vor Augen, über welche Routinen sie bereits verfügen (Dickel 2020, S. 79). Für Armin Nassehi (2020, S. 31) manifestiert sich in der augenblicklichen Krise die Selbstkritik der Moderne und offenbart sich „der Grundkonflikt um die Frage des Ortes an dem die Einzelnen ihren Platz in der Welt finden sowie der gesellschaftlicher Ordnungsbildung.“ Gerade die Covid-19-Pandemie prüft unsere Kontrollverhältnisse im Sinne einer versicherungstechnischen, institutionellen, sozialpolitischen, gesetzlich arbeitsorganisatorischen und auch mentalen Herstellung von Kontinuität in einer diskontinuierlichen Welt (ebd., S. 33). Dabei geraten die (Ausgangs-)Bedingungen bereits ohne die Zumutungen der Covid-19-Pandemie unter Druck. Erschüttert ist die nationalstaatliche Autonomie, die volatilen Märkte sind im globalen Maßstab verletzlich und die Digitalisierung verschärft die ungeklärte Frage nach der kulturellen Zugehörigkeit ebenso wie die Asymmetrie von Milieus und Geschlechtern (ebd., S. 36).
Die Beschäftigung mit der Covid-19-Krise ist nicht nur für die Soziologie „unwiderstehlich“ (Dickel 2020). Unwiderstehlich wie notwendig ist die Auseinandersetzung (Mukerji & Mannino 2020, S. 7; vgl. Bloom 2020),[4] da augenblicklich „die kommunikativen Muster einer Gesellschaft großflächig irritiert werden“ und deshalb „von einer Krise des Sozialen“ gesprochen werden muss (Dickel 2020, S. 80). Das gesellschaftliche Leben erlebte im (ersten) Lockdown im Frühjahr 2020 keinen Stillstand. In dieser (neuen) Situation wurde offensichtlich wie „das Soziale“ durch die Medien geprägt, an vielen Stellen sogar bestimmt ist. Auch Dank der medienvermittelten Kommunikation verkümmerte das verordnete „physical distancing“ nicht zum „social distancing“. Dickel geht davon aus, dass Gesellschaft auch ohne anwesenden Körper funktioniert und spricht von „sozialer Mediatisierung“ (ebd.).
Die unter den Bedingungen der Covid-19-Pandemie gestiegene Bedeutung der medienvermittelten Kommunikation in Alltag, Kultur, Politik etc. fasst die Kommunikationswissenschaft schon seit langem mit dem Begriff und dem Konzept „Mediatisierung“ (Krotz 2001; Hepp, Hajvard & Lundby 2015).
Interessenaggreation und -vermittlung unter Medialisierungsbedingungen
Die tiefgreifenden Folgen der Pandemie erinnern an grundsätzliche Umbrüche und Herausforderungen moderner Gesellschaften. Die Pandemie verschärft die Kritik an den demokratischen Institutionen und Verfahren (vgl. Blühdorn 2020). Zürn (2011) konstatierte schon vor neun Jahren eine „Verschiebung in der Legitimationsarchitektur politischer Herrschaft zuungunsten originärer demokratischer Legitimationsquellen“ (S. 615). Die Verschiebung führt zu Frage, ob das intermediäre System der Interessenvermittlung seine Schlüsselrolle im demokratischen Prozess der Willensbildung und Entscheidungsfindung wiedererlangen und damit den Grundstein für eine neue Legitimationsarchitektur legen kann. [5]
Die Funktion „der Intermediären“ (hierzu zählen insbesondere Kirchen, Parteien, Verbände und soziale Bewegungen, aber auch die Medien) „besteht darin, Interessen in der Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger zu generieren, zu aggregieren, um sie dann an das politische Entscheidungszentrum zu artikulieren.“ (Donges 2014, S. 49; vgl. Neidhardt 2007, S. 33-34) Die Artikulation von Interessen und der (faire) Austausch von Argumenten gelingt vor allem dann, wenn die Bedingungen einer „starken Demokratie“ vorliegen. Die starke Demokratie baut auf „Beratung und Diskurs, Kommunikation und Beteiligung, der verstärkten Inklusion der Bürger, insgesamt also der Belebung des Raumes, der von den Aktivitäten der Zivilgesellschaft und der intermediären Akteure ausgefüllt wird.“ (Sarcinelli 2014, S. 33)[6]
Für die Intermediären dient die über die Medien hergestellte Publizität dem Zweck des Zustimmungsmanagements – mithin der Legitimitätssicherung, dem Machterhalt oder dem Machtgewinn (Marcinkowski 2015, S. 75). Legitimitätssicherung, Machterhalt oder Machtgewinn beruhen auf Interessenvermittlung unter Medialisierungsbedingungen. Organisationen, soziale Bewegungen und Parteien müssen sich dem komplexen Prozess der Generierung, Selektion, Umdeutung, Bündelung und Artikulation von Interessen stellen (vgl. Donges 2014, S. 52). Um die Aggregation von Interessen gegenüber der Politik zu leisten, bedienen sich die Intermediären des Lobbying und Campaigning.
Weil die öffentliche Meinung an Stellenwert im Prozess der Durchsetzung von Interessen gewonnen hat, konkurrieren die Organisationen, sozialen Bewegungen und Parteien stärker mit anderen Intermediären um öffentliche Aufmerksamkeit. Für sie geht es unter Medialisisierungsbedingungen nicht nur mehr um Organisationsfähigkeit und Konfliktfähigkeit, sondern zunehmend auch um ihre Kampagnenfähigkeit (ebd., S. 55; vgl. Neidhardt 2007). Um ihre Kampagnenfähigkeit unter Beweis zu stellen, bemühen sich die Intermediären darum, erstens über die öffentliche Meinung Druck auf die politischen Entscheidungen auszuüben, zweitens die Medien als Beobachtungsinstanz zu nutzen und schließlich drittens den Medien zu entnehmen, welchen Stellenwert bestimmte Themen in der öffentlichen Wahrnehmung haben und welche Rahmung (Framing) diese Themen haben. Intermediäre müssen also ihre Deutungsmuster über die Medien vermitteln (Vowe 2007, S. 268; vgl. Donges 2014). Zusammengefasst: Interessenaggregation, -artikulation und -vermittlung vollziehen sich zunehmend unter Medialisierungsbedingungen.
Medialisierung der politischen Interessensvermittlung
„Medialisierung“ und „Mediatisierung“ sind Buzz-Wörter in der kommunikationswissenschaftlichen und wie auch der öffentlichen Debatte. Bereits das Neben- wie Gegeneinander der Ansätze, die sich um die beiden Begriffe versammeln, deutet an, dass es sich um einen unabgeschlossenen Diskurs handelt, „ein Angebot im Prozess der Weiterentwicklung“ (Marcinkowski 2015, S. 72; vgl. grundlegend Birkner 2019). Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Ansätze bestimmte gesellschaftliche Veränderungen mit dem grundsätzlichen Bedeutungszuwachs von Medien erklären (vgl. Imhof 2006; Marcinkowski 2015, S. 71). Medienbezogene Wandlungsprozesse lassen sich mit der gesamtgesellschaftlichen Zunahme der Präsenz von Kommunikationstechniken und deren Durchdringung des Alltags (bspw. Birkner 2019, S. 16; Ihle & Nieland 2019, S. 189), sowie der Anpassung von Individuen, Institutionen und gesellschaftlichen Teilsystemen an die Eigenlogik(en) der Medien fassen (vgl. Schulz 2004, S. 88–90). Medialisierung beschreibt laut Marcinkowki (2015, S. 71) den Bedeutungsgewinn publizistischer Kalküle – konkret den Aufmerksamkeits-, den Selektions- und den Präsentationskriterien – in nicht-medialen Handlungsbereichen der Gegenwartsgesellschaft (wie Wirtschaft, Recht oder eben Sport). Die Regeln und Routinen der Produktion öffentlicher Kommunikation[7] finden unter den Rahmenbedingungen medialen Operierens statt. Diese Bedingungen werden von kulturellen Symbolsystemen, spezifischen (Medien-)Techniken, Organisationformen der jeweiligen Medien, professionellen Berufsnormen und dem Selbstverständnis der Medienakteure geprägt. Durch das Zusammenwirken der Rahmenbedingungen und Regelmäßigkeiten entsteht ein bestimmtes „Format“ der Medienrealität (Marcinkowski 2015, S. 73).
Dem systemtheoretischen Ansatz folgend sieht Marcinkowski Medialisierung als aktiven Zugriff von Umweltsystemen auf die Leistungen des Mediensystems – konkret der Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit. Zu nennen sind drei Mechanismen, die den aktiven Zugriff auslösen und verstetigen: erstens die Existenz und die Allgegenwart der Medien, zweitens ihre Abläufe und Gesetzmäßigkeiten – also die „Medienlogik(en)“ – und drittens der Aufmerksamkeitsbedarf der Systeme (vgl. Marcinkowski & Steiner 2010, S. 53–54). Der aktive und zunehmend selbstbestimmte Zugriff der Umweltsysteme markiert den Übergang von der „einfachen“ zur reflexiven Medialisierung“. Denn inzwischen haben die Akteure Vorkehrungen getroffen (insbesondere durch Umschichtungen von Ressourcen) und Routinen entwickelt, die von den Medien praktizierten Regeln der Erzeugung öffentlicher Aufmerksamkeit in das eigene Handlungsrepertoire aufzunehmen. Diese Orientierung geschieht auf unterschiedliche Weise vom bewussten Umstellen des Kommunikationsverhaltens individueller Akteure bis zur Schaffung struktureller Vorkehrungen für die Berücksichtigung medialer Produktionsbedingungen (Marcinkowski, 2015, S. 74). Reflexive Medialisierung ist somit die Fähigkeit gesellschaftlicher Teilsysteme sich mit den Augen der Medien zu sehen und selbst beschreiben zu können. Die Akteure sind nicht Opfer oder Objekt der Medialisierung, sondern aktiv an ihr beteiligt (ebd., S. 76-77).[8]
Die Medialisierung des Sports
Ein Hinweis der von der Sportkommunikationsforschung bereits aufgegriffen wurde – und zwar unter Berücksichtigung der besonderen Rahmenbedingungen des medialen Operierens im Sport. Da die öffentliche Kommunikation über Politik, die Wirtschaft, die Kultur und den Sport von der Themenselektion, der Themendeutung, der Meinungsbildung, dem Timing und der Präsentation der Medien geprägt ist, ergeben sich für die Sportorganisationen unter den Bedingungen der „reflexiven Medialisierung“ besondere Anforderungen und Möglichkeiten. Dabei ist die mediale Angebotsproduktion auch im Sport das Ergebnis von miteinander konkurrierenden oder sich verstärkenden Logiken, Interessenlagen und Systembezügen (vgl. Dohle & Vowe 2006, S. 18–19; Meyen 2014, S. 378). [9] Und schließlich finden fortlaufend Differenzierungen innerhalb der Medien statt – abzulesen im Aufkommen neuer Anbieter und neuer Vermarktungsstrategien inklusive eines erhöhten Einflusses von außermedialen Akteuren. Neue Verbreitungswege und neue Anbieter erlauben Berichterstattung und Vermarktung jenseits des klassischen Journalismus oder (Sport-)Sponsorings. Zu den neuen finanzstarken Playern zählt DAZN. Der Streaming-Dienst verfügt über attraktive Übertragungsrechte von den US-Profiligen und hat sich 2016/2017 mit der deutschen Bundesliga und der Champions League weiteren Premium-Content gesichert (Heinecke, 2017, S. 93). Wenn jetzt „nicht minder zahlungskräftige Unternehmen wie Amazon oder Facebook, auch ‚in Sport machen’“ (ebd.), dann kann man „erahnen, in welchem Maße sich die Schlinge um traditionelle (Sport-)Medienunternehmen enger zieht“ (ebd.). Die Situation verschärft sich, wenn in Rechnung gestellt wird, dass Sportveranstalter, Vereine, Verbände und Ligen selbst als Medienanbieter auftreten.
Ihle, Nieland und Rehbach (2016) gehen davon aus, dass die Sportorganisationen, die Veranstalter, Vereine und Athleten*innen Medialisierungsangebote machen, um sich im „Kampf um Aufmerksamkeit“ (innerhalb wie außerhalb des Teilsystems Sports) durchzusetzen. Sie schlagen vor, nach der Identifikation dieser Angebote zu untersuchen, ob und wie die Medien mit den Angeboten umgeht und wie im Anschluss das (Medien-)Publikum mit den Medialisierungsangebotsfolgen umgeht. Mit Blick auf die Sportorganisationen ist von Interesse, wer die Medialisierungsangebote entwickelt, artikuliert und für ihre Durchsetzung sorgt. Auch ist zu reflektieren, welche Konsequenzen sich für das Verhältnis zwischen den Vereinen, Verbänden und Ligen und dem Sportpublikum entwickelt, ob nicht die Fans den Sportorganisationen durch Protest, Entzug der Finanzierung und ihrer Aufmerksamkeit die Grenzen der Medialisierung aufzeigen.[10]
Das Sportpublikum angesichts von Medialisierung und Ökonomisierung
Laut der Definition und historischen Herleitung von Werron (2010) ist das Publikum konstitutiv für den modernen Wettkampfsport (vgl. insbesondere S. 62–104). Das Publikum sorgt für „eine Form der strukturellen Kopplung von Massenmedien und Sport“ (ebd., S. 219). Diese Kopplung zeigte sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts als die Tour de France von der französischen Zeitung L’ Auto und fünfzig Jahre später als der Europapokal der Landesmeister von der Sportzeitung L’ Equipe inspiriert wurden. Werron (2010) zieht ein weitreichendes Resümee: „Ohne Presse ist das Sportpublikum im modernen Sinne nie vorstellbar gewesen, wie auch umgekehrt natürlich die Sportpresse nicht ohne Sport(publikum).“ (S. 220; H. i. O.) Anders ausgedrückt: Auf Öffentlichkeit ist der Wettkampfsport über das mit den medial bereitgestellten Informationen erzeugte soziale Gedächtnis und die damit einhergehende Erschließung des weltweiten Vergleichshorizonts angewiesen (Werron 2010, S. 99–104).
Neben dem Verlangen, Öffentlichkeit zu generieren, sind die aktuellen Veränderungen, der Sport erlebt, im Zusammenhang mit Ökonomisierungsprozessen zu sehen (vgl. bspw. Ihle & Nieland 2019, S. 189). Dies gilt insbesondere für den Leistungssport (bspw. Meyen 2014, S. 651–652). Birkner (2019, S. 83) erinnert daran, dass Altheide und Snow (1979) in ihrer grundlegenden Abhandlung über die Medienlogik dem US-Sport ein eigenes Kapitel widmeten, um die Verknüpfung von Ökonomisierung und Mediatisierung zu erläutern. Auch nach Vowe und Dohle (2017, S. 33) „geht die Anpassung des Sports an die Medien mit seiner Ökonomisierung einher.“ Wirtschaftliche Interessen und Effekte schlagen nicht nur auf Seiten des Sports zu Buche: die Ökonomisierung sowohl des Sports als auch der Medien verstärken sich gegenseitig. Für den Sport führen mehr Siege zu mehr Geld durch Sponsoren, Übertragungsrechte und weitere Vermarktungsmöglichkeiten; daraus folgt, dass „der Sport“ in bessere Ausrüstung und Bedingungen investiert, [11] was (oft) zu mehr Siegen führt. Für die Medien bedeutet die Zusammenarbeit mit dem Sport, dass mehr interessanter Content zur Verfügung steht, was mehr Rezipienten bzw. Interessenten also auch mehr Werbekontakte bzw. Abo-Kunden generiert; so wird mehr Geld eingenommen, womit dann wieder mehr interessanter Content produziert bzw. eingekauft werden kann (Heinecke 2017, S. 92).
Medialisierung und Ökonomisierung sind die treibenden Kräfte im Wettbewerb der Sportarten (hinter denen Verbände, Vereine, Athleten, Veranstalter, Sponsoren und auch die Fans stehen). Heinecke (2014) hat unterschiedliche Strategien und Erfolge identifiziert: sie spricht von Verteidigern, Verfolgern und Spezialisten (ebd., insbesondere S. 448–459). Der Wettbewerb (um die Aufmerksamkeit des Publikums, die Fernseh- und Sponsorengelder) zwischen den Sportarten hat sich unter den Pandemie-Bedingungen verändert. Zum einen ist die Führungsposition des Fußballs noch einmal größer geworden, denn viele Sportarten sind – um in den Stil der Horserace-Berichterstattung zu wechseln – aus dem Rennen ausgestiegen. Zum anderen verändern sich die Abstände zwischen den Sportarten (vgl. Heinecke 2014; 2016).
Diese Entwicklung bestätigt die Einschätzung von Bieg (2018). Er hatte – vor dem Pandemie-Ausbruch – den Sportarten wie Basketball, Handball Eishockey und Volleyball empfohlen, nicht nur ihr mediales Kapital durch Kapitalumschichtungen zu erhöhen, sondern verstärkt „die Bedingungen für kontinuierlichen Erfolg zu schaffen.“ Da Stars als die wichtigste Form von Medienkapital nicht ohne Erfolg zu generieren sind (S. 224-225). Am Beispiel des FC Bayern München erläutert Bieg wie das Zusammenspiel von ökonomischem Kapital und Medienkapital des Fußballs für den Basketball an Bedeutung gewinnt. Der FC Bayern München hat einen Weg eingeschlagen, bei dem die Fußball-Abteilung die Basketball-Abteilung unterstützt - durch das Metakapital des Fußballs wie es bei Bieg (2019, S. 31) heißt.
Tatsächlich sind unterschiedliche Kooperationsformen, die Interessenaggregation und Interessenartikulation des Sports gegenüber der (Sport-)Politik und auch den Medien mehr Gewicht verleihen, denkbar bzw. bereits im Einsatz. Zu nennen ist erstens die Kooperation innerhalb eines Vereines. So profitieren beispielsweise die Frauen(profi)mannschaften innerhalb des Vereins von der Infrastruktur, dem Personal, den Sponsoren und auch den Fans der Männermannschaften (insbesondere beim FC Bayern München und dem VfL Wolfsburg). Diese Kooperation bezieht sich also auf eine Sportart, Bieg (2019) belegt, dass die Kooperation auch sportartenübergreifend sein kann. Zweitens die Zusammenarbeit zwischen zwei Vereinen. Wiederum kann die Kooperation innerhalb einer Sportart stattfinden – etwa die gemeinsame Stadionnutzung von FC Bayern München und 1860 München – oder über verschiedene Sportarten hinweg. Hier kann auf die Kooperation zwischen dem RB Leipzig mit dem Handballverein DHfK Leipzig verwiesen werden. Sie startete vor Jahren mit gemeinsamen Ticketaktionen und manifestiert sich inzwischen im Austausch über Taktikfragen zwischen den Fußballern und den Handballern. Drittens sind an die Synergieeffekte zu erinnern, die sich durch Kooperationen ergeben, die von Städten, Sponsoren/Unternehmen oder Veranstaltern (insbesondere Investoren von Stadien und Multifunktionshallen) ergeben. Gerade in Bezug auf die Spielstätten ist das Potenzial unübersehbar: durch die Nutzung von Multifunktionshallen für Basketball- wie Eishockey- und/oder Handballspiele. Eine in den USA in zahlreichen Städten seit langem gängige Praxis, in Deutschland beispielsweise in Hamburg, Berlin und Düsseldorf praktiziert (in der Dortmunder Westfalenhalle fanden jahrzehntelang unterschiedliche Sportveranstaltungen vom Sechstage-Rennen, über Hallenreitturniere bis zu Hallenhandball- und Hallenfußballturniere statt). In den letzten Jahren etablieren sich viertens Kooperationsformen, die auf das (finanzielle) Engagement von Unternehmen oder Mäzenen beruhen. Während der österreichische Getränkehersteller Red Bull weltweit im großen Stil Fußball, Eishockey, Motor- und Extremsport fördert und Synergieeffekte innerhalb wie außerhalb der Sportarten erzielt, profitieren vom Mäzenatentum verstärkt der Breiten-, Behinderten- und auch der Schulsport.
Nach der Pandemie werden diese Kooperationsformen für einige Profivereine höchstwahrscheinlich die einzige Möglichkeit zum Überleben sein. Ein Überleben nicht nur für einzelne Vereine, sondern gar ganze Ligen und mittel- bis langfristig auch die Vielfalt des Leistungs- wie des Breitensports in Deutschland. Initiativen auf diesem Gebiet würden zum einen auch neue Formen der Medialisierung und andererseits nur die Möglichkeit der Artikulation der Interessen des Sports sowie die Realisierungschancen gemeinsamer Vorhaben gegenüber der Politik erhöhen, sondern auch Synergieeffekte bei den Fans auslösen – neben den ökonomischen Effekten auch im Sinne der Identifikation mit dem Verein bzw. den Vereinen und der Stadt/Region.
Anstelle eines Fazits: Sport, Mediensport und Sportpolitik in der Pandemie
Unter den Bedingungen der Covid-19-Pandemie wogen für die Sportorganisationen und Sportakteure die publizistischen Kalküle besonders schwer. Das Lobbying und Campaigning der Sportorganisationen mussten „im Kampf um Aufmerksamkeit“ (Franck) erstens ihrem Thema allgemeine Bedeutung zuschreiben, dieses Thema zweitens kontant in den Medien zu halten und drittens für eine stabile Aufmerksamkeit sorgen. Dabei waren die verschiedenen Ligen und Verbände unterschiedlich erfolgreich – erfolgreich im Sinne der Artikulation ihrer Interessen und der Durchsetzung ihrer Geschäftsmodelle (vgl. Horky 2020). Eindeutiger Gewinner war in Deutschland und Europa der Profifußball“. Dies ist mit dem Medialisierungsansatz zu erklären.
Die mittel- bis langfristigen Folgen der Covid-19-Pandemie sind nicht absehbar. Zu beobachten sind ganz unterschiedliche Versuche und Strategien mit der neuen Situation umzugehen. Auch wenn diese Strategien unterschiedlich erfolgreich sind (vgl. Horky 2020), so bestätigen sie doch die fortschreitende, intensive Medialisierung des Sports auf verschiedenen Ebenen (vgl. Meyen 2014). Auf der Mikroebene sind es die Athletinnen und Athleten, Trainer und Funktionäre, die über die sozialen Medien und die vereinseigenen Kanäle ihre Workouts oder Challenges mit anderen Sportlerinnen und Sportlern teilen, genauso wie die Solidaritätsbekundungen[12] und Berichte über Charity-Aktionen, die sich auf den verschiedenen (klassischen wie neuen) Kanälen finden lassen. Auf der Mesoebene waren gerade während der Pandemie die Umschichtung der Ressourcen und die verstärke Medienarbeit von Vereinen und Verbänden zu beobachten – teilweise war „der Überlebenskampf“ der Vereine und Ligen von einer Kommunikationsoffensive begleitet bei der in kurzen Abständen über den Stand der Verhandlungen mit der Politik und die Perspektiven der Wettkampfserien informiert wurde. Auf der Makroebene sind neue Rhythmen und Wettkampfmodi etabliert worden, um den Abschluss der nationalen Ligen und internationalen Wettkämpfe in Rekordzeit zu realisieren (so wurden nationale und internationale Wettbewerbe in Turnierform ausgespielt).
Während Meier und Hagenah im Jahr 2016 lediglich Spuren der „Fußballisiierung“ des deutschen Fernsehens feststellten, hat die Covid-19-Pandemie die „Vorherrschaft“ des Fußballs in Deutschland und Europa betoniert – ob andere Sportarten den Abstand gegenüber dem Fußball (vgl. Heinecke 2014; Bieg 2019) langfristig aufholen können, muss stark in Zweifel gezogen werden. Denn die kleineren Sportarten und „der Frauensport“ verlieren, sie verlieren Nachwuchs, Trainerinnen und Trainer, Geldgeber und Fernsehgelder. [13] Aufgrund der Corona-Maßnahmen, die u.a. zum Abbruch der Wettkampfserien, der Unterbrechung des Trainingsbetriebs, der Schließung von Sportstätten und Vereinsanlagen führten, ziehen eine handfeste Krise des Breitensports nach sich. Diese Krise manifestiert sich in Vereinsaustritten, existenzbedrohenden Situationen für Trainerinnen und Trainer und eine Gefährdung des Ehrenamts (vgl. DOSB 2020).
Für den Profisport stellt der drohende „Verlust“ des Publikums eine ernste Bedrohung dar. Der Mehrzahl der Profivereine fehlen nicht nur die Fernseheinnahmen (und Fernsehzuschauer), sondern vor allem die Haupteinahmen durch die (Präsenz-)Zuschauer. Mithin stehen nicht nur die Profiligen im Eishockey, Handball auch Volleyball („spätestens“ ab der zweiten Liga), sondern auch ganze Sportarten auf dem Prüfstand und damit die gesellschaftliche Kraft des Sports (vgl. bspw. Horky 2020).[14]
Wenig hilfreich ist in dieser Situation der zögerliche Umgang der Vereine und Verbände mit dem Protest der Zuschauer und ihrer Forderung nach mehr Mitsprachechancen.[15] Der Unmut richtet sich nicht nur gegen die Kommerzialisierung, sondern inzwischen auch gegen die „Auswüchse“ der Medialisierung. In den Augen vieler Zuschauer ist aus Anpassung an die Medienlogik eine Abhängigkeit von den Medien geworden. Die Möglichkeiten, (Live-)Sport auch im Fernsehen zu verfolgen, werden immer weniger bzw. teurer – ein fatales Signal zumal während der Pandemie (insbesondere den Lockdowns) mehr Zeit für den Mediensport-Konsum zur Verfügung stand bzw. steht. Fatal, weil soziologisch gesprochen „gerade die Komplexität der Gesellschaft und ihre Indifferenz“ Angebote benötigt, die für konkrete Lebenslagen „geplante und ungeplante Strukturierungen von Zugehörigkeit und Anerkennung“ schaffen (Nassehi 2020, S. 36).
Um solche Angebote – und zwar sowohl für die Zeit während als auch nach der Pandemie – zu entwickeln und zu etablieren, braucht es Strukturen und Verfahren, die eine Aggregation und Artikulation des (Medien-)Sportpublikums ermöglichen. Bislang gelingt es den Vereinen und Verbänden kaum, die Positionen „ihres Publikums“ gegenüber der (Sport-)Politik zu reklamieren.
Und der Sportjournalismus? Während die wenigen Angebote, die dem sport broadcasting zuzuordnen sind – in Europa v.a. die Fußball-Live-Berichterstattung – auf Zuschauerreaktionen vom Band zurückgreifen (und während der Übertragungen die fehlende Stimmung in den Stadien ansprachen) , hält sich der sport journalism mit der Thematisierung der geringen Berücksichtigung der Zuschauerpositionen in den Governance-Strukturen des Sports vornehm zurück. Dabei wäre dies doch ein Thema für den Sportjournalismus, der „als Kommunikation über Leistungskommunikation“ sich mit den (fairen oder unfairen) Wettbewerbsbedingungen und dem Vergleich sportlicher Leistungen beschäftigten sollte (Ihle & Nieland 2019). Während in der Vergangenheit vor allem die Legitimation und der Machterhalt internationaler Sportorganisationen durch die vom Sportjournalismus aufgedeckte Korruption sowie Proteste der Fans hinterfragt wurden (Mittag & Nieland 2016),[16] stellt die Covid-19-Pandemie die Beziehung zwischen Mediensport und Politik ebenso wie die Beteiligungsformen des Publikums auf den Prüfstand.
Die Annahme, dass sich die Ausrichtung des Sports an der Medienlogik während der Covid-19-Pandemie erhöht hat und gleichzeitig sich die Sportorganisationen verstärkt um die Aggregation und Artikulation ihrer Interessen gegenüber der Politik bemühen, haben sich bestätigt. Die von den Sportorganisationen entwickelten Medialisierungsangebote sollten in Zukunft von der Sportkommunikationsforschung differenziert betrachtet werden (vgl. Ihle, Nieland & Rehbach 2016) und in den Kontext der Forschungsarbeiten von Heinecke (2014; 2016) sowie Bieg (2019) gestellt werden. Da der erweiterte Ansatz reflexiver Medialisierung gerade die „pandemie-bedingten“ Anstrengungen (Medialisierungsangebote und Interessenartikulation) erklären kann, ist die Werkzeugkiste der Sportkommunikationsforschung gut bestückt. Zusätzlich besteht in meinen Augen die Möglichkeit und der Bedarf für die Forschung, ihre Sichtbarkeit und Bedeutung zu erhöhen. Bedenkenswert ist dabei die Empfehlung von Love (2013, S. 344), auch mit „den Medien“ zusammenzuarbeiten.
Literatur
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[1] Siehe vor allem die Beiträge der Zeitschrift Soccer & Society (https://www.tandfonline.com/action/showAxaArticles?journalCode=fsas20) und das special issue der Zeitschrift International Journal of Sport Communication (https://journals.humankinetics.com/view/journals/ijsc/ijsc-overview.xml).
[2] Die internationale Forschung folgt – wie aktuell die Arbeit von Frandsen (2020) - dem „Mediatisierungs“-Ansatz (vgl. Krotz 2001; Hjarvard 2013; Hepp, Hajvard &Lundby 2015).
Insbesondere Meyen (2014) und Heinecke (2014; 2016) arbeiten mit einem Verständnis von Medialisierung als „langfristigen Medienwirkungen zweiter Ordnung“. Ihle, Nieland und Rehbach (2016) plädieren für eine Berücksichtigung des Medialisierungs-Verständnisses von Marcinkowski (2015) in der Sportkommunikationsforschung.
Stiehler (2016) schlägt vor, die Entwicklung des Mediensports in eine Mediatisierungs- und eine Medialisierungs-Phase zu unterteilen. Während in den 1960er und 1970er Jahren vor allem die „bessere“ Darstellung des Sports mit Hilfe von neuen Medientechnologien (etwa Zeitlupe, Farbfernsehen) im Mittelpunkt stand, lässt sich dann aber zu Beginn der 1980er Jahre (u.a. Dualisierung des Fernsehens) die Anpassung an die Medienlogik beispielsweise über Veränderungen des Wettkampfrhythmus oder Regeländerungen beobachten.
[3] Dieser Spur folgt auch Frandsen (2016) die (dänische) Sportorganisationen untersucht. Vgl. auch Nieland, Ihle undMittag (2016).
[4] Vgl. zur Bedeutung von Solidarität und Stärkung des Gemeinwohls aktuell Sandel (2020; insbesondere S. 9-13; S. 355-362). Vgl. mit Bezug zur Covid-19-Pandemie bspw. Bloom (2020).
[5] Auf den von Philip Manow (2020) diagnostizierten Prozess der Demokratisierung kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Angesichts der Ausweitung der Partizipationschancen und dem gleichzeitig stattfindenden Kollaps tradierter Exklusionsmechanismen (2020, S. 24), sieht er keine „Krise der Demokratie“, sondern eine Demokratisierung der Demokratie, die über die institutionellen und konstitutionellen sowie der internationalen Einhegung hinausführt (ebd., S. 174). Vgl. mit einer pessimistischeren Einschätzung angesichts der Covid-19-Pandemie Blühdorn (2020).
[6] Kommunikation und Partizipation sind bei den drei Hauptorganisationstypen unterschiedlich strukturiert. Auf der einen Seite suchen soziale Bewegungen und Parteien für sich und ihre Anliegen (immer) die Öffentlichkeit, während auf der anderen Seite Verbände diese oftmals meiden und eher direkte Kontakte mit Entscheidungsträgern suchen (Donges 2014, S. 54). Diese Unterschiede lenken den Blick auf das Zusammenspiel von Interessenvermittlung und Medialisierung (vgl. Donges 2014; Sarcinelli 2014).
[7] Marcinkowski (2015, S. 73) nennt erstens die Regelmäßigkeiten der Selektion (die bewusste Auswahl von Ereignissen, Sachverhalten und Zuständen für öffentliche Mitteilung), zweitens die Regelmäßigkeiten der Narration (die typischen Muster der Erzählung, des Aufbaus und des Ablaufs von Medientexten) sowie drittens die Regelmäßigkeiten der Interpretation (die themenunabhängig wiederkehrenden Muster der Bedeutungszuweisung und Rahmung).
[8] Marcinkowski (2015, s. 77) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich im Zuge dieser Anpassungsmaßnahme bei den Akteuren die Einsicht in die wachsende Bedeutung nicht-hierarchischer Verhandlungen ebenso wie in die Bedeutung horizontaler und vertikaler Regelungssysteme sowie der Zunahme von Informalität durchsetzt.
[9] Bieg (2019, S. 113) stellte seine Betrachtung zur Medialisierung des Sports in den Kontext der Arbeiten von Bourdieus. Nach diesem Verständnis wird „das Medienkapital einer Sportart für ihre Positionierung im Feld wichtiger“.
[10] Indizien sind neben Rückgang der Nutzungszeit auch der widerständige Gebrauch der Sportangebote.
[11] Sportlerinnen und Sportler, Vereine, Verbände und Veranstalter realisieren mit Hilfe von Sponsoren, der Wissenschaft und auch der Politik diese Verbesserungen bzw. (Wettbewerbs-)Vorteile.
[12] So haben zahlreiche Sportlerinnen und Sportler ebenso wie Vereine und Verbände ihre Unterstützung der Black Lives Matters-Bewegung bekundet.
[13] Ob der E-Sport zu den Gewinnern zählt ist, wie es Bieg (2020) auf diesem Blog skizziert, auch in meinen Augen derzeit noch offen.
[14] Vgl. auch die Reihe von sport inside; abrufbar unter https://www.sportschau.de/hintergrund/no-sports-102.html.
[15] Vgl. – wiederum für den (Profi-)Fußball das Sonderheft 20/21 der Zeitschrift 11 Freunde (Nr. 226; September 2020).
[16] Auch die nationalen Sportorganisationen geraten zunehmend „unter Beobachtung“ – dies vor allem im Zusammenhang mit (Sport-)Großereignissen (vgl. Nieland, Ihle & Mittag 2016).