Gerüchteküche Transfermarkt
Ein Vergleich von Online-Berichterstattung und Fandiskussionen über Transfergerüchte im deutschen Profifußball
DOI:
https://doi.org/10.25968/JSkMs.2018.1.27-50Schlagworte:
Transfergerüchte, Online-Medienberichterstattung, Fandiskussionen, Inhaltsanalyse, GerüchtekommunikationAbstract
Gerüchte sind in der Berichterstattung über den Fußball-Transfermarkt mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme. Gerade während der Transferperioden machen sie einen großen Teil der Fußballberichterstattung aus und liefern auch den Fans Gesprächsstoff für Online-Diskussionen. Die vorliegende Studie fokussiert den Umgang von Journalisten und Fans mit Transfergerüchten. Für die theoretische Grundlage dieser Studie machen wir uns die Erkenntnisse der Gerüchteforschung sowie der Sportkommunikationsforschung zunutze. Die Daten liefern zwei quantitative Inhaltsanalysen: die Analyse der Diskussionen über Transfergerüchte in einem Fan-Forum von Transfermarkt.de und die Analyse der Berichterstattung über Transfergerüchte in fünf deutschen Online-Sportmedien. Die Ergebnisse zeigen, dass Online-Journalisten in nahezu jedem Artikel die Eintrittswahrscheinlichkeit des Transfers einschätzen, Fans dagegen nur in circa 40 Prozent der Postings. Die Fanprognosen treffen dabei insgesamt häufiger zu als die der Journalisten. Zur Erklärung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten greifen Fans und Journalisten auf ähnliche Argumentationsmuster zurück. Journalisten setzen aber häufiger Statements beteiligter Akteure und Informationen aus Medienquellen ein und damit klassische journalistische Gestaltungsmittel. Die Prominenz der am Wechsel beteiligten Spieler und Clubs, die deutsche Nationalität der Vereine sowie das Eintreten der Transfers und die damit zusammenhängende höhere Glaubwürdigkeit der Gerüchte fördern tendenziell die Intensität der Fandiskussionen und der Berichterstattung über die Wechselspekulationen. Die Journalisten legen einen wenig transparenten Umgang mit den Transfergerüchten an den Tag. So weist die Kennzeichnung der Gerüchte und die Nennung ihrer Ausgangsquelle in allen analysierten Medien Defizite auf.
Rumors about transfers of football players are the rule rather than the exception in football coverage. Especially during the transfer periods transfer rumors are an interesting topic for both journalists and fans to discuss. This study analyses how sport journalists and football fans communicate about transfer rumors. As theoretical background we rely on the findings of rumor and sport communication research. We conducted two quantitative content analyses. First we analysed fan discussions about transfer rumors in an online forum of the German football community transfermarkt.de. Second we investigated coverage about these rumors in five different German online sports media. Results show that journalists evaluate the transfers’ probability of occurrence in roughly all articles, fans in contrast only in 40 percent of their postings. The fans’ predictions prove right more often than the journalists’ one’s. To explain their predictions fans and journalists rely on similar arguments. But journalists more often cite involved actors and refer to information from different media resources. The prominence and success of the involved clubs and players as well as the German nationality of the clubs and the credibility of the rumor promote the intensity of fan discussions and media reporting about transfer rumors. Analysis of media coverage shows that journalists rarely reveal the source of the rumor and the fact that they are writing about unverified information.
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